Home Laufen UTLW – Trails, Bier und wie man es nicht machen sollte…

UTLW – Trails, Bier und wie man es nicht machen sollte…

von Chris

Rückblick: Im Dezember startete die Anmeldung für den Ultra Trail Lamer Winkel, meinem Trailhighlight 2016. Nicht ganz unschuldig an diesem Vorhaben waren Maty und ihr super toller Bericht vom UTLW 2015 und natürlich meine ersten Trailschritte beim ZugspitzUltraTrail kurz ZUT 2015!

Also gesagt getan: Angemeldet und weils allein nur halb so schön ist, habe ich die anderen Flitzpiepen auch gleich heiß gemacht. Schon stand der Plan, dort mindestens zu viert zu starten. Zusammen ist die Vorfreude schließlich noch größer und man trainierte gemeinsam mehr oder weniger häufig in den heimischen Berliner “Bergen”.

Die ersten schlechten Vorzeichen kamen in den letzen Wochen vorm Wettkampf, sodass Chrissi und ich schon allein nach Lam anreisten. Da ich selbst nicht unschuldig daran bin, dass Chrissi im 8. Monat schwanger dann doch nicht mitlaufen wollte, hieß es doch allein an den Start über 25 Kilometer!

25 Kilometer? Ja leider oder zum Glück… In der Woche vor dem Start raffte mich eine schwere Erkältung nieder und so hörte ich doch einmal im Jahr auf “meine Vernunft” und meldete mich schweren Herzens auf die “kleine” Distanz runter. Ich weiss das wirklich vernünftig eine komplette Absage gewesen wäre, aber ich muss mich langsam an die Vernunft antasten.

Nach der Ankunft in Lam und dem Besuch auf der Expo – einer der süßesten Messen die ich je gesehen habe; vier Stände und Anja/Beate mit ihrem Sziols Stand – ging es zur  Startnummernabholung, welche ähnlich organisiert war.  Startnummer ansagen, dann gab es einen Müllsack mit der Startnummer drauf und jeder packt sich die Verpflegung so ins Sackl, wie und was er braucht! Niedlich, wenn man an die große Messen manch anderer Läufe denkt. Dieser familiäre Flair ist aber auch das Besondere hier. Alles ist klein, aber total liebevoll organisiert!

Dann noch ein Treffen mit vielen bekannten Trailrunnern, ASICS Frontrunner Kollegen und Bloggern wie Robert, Hendrik und Lea , Iwi, Maty und Ulf , Steve, Jörn, Bibi, Maj und Fabi und und und (hoffe hab keinen wichtigen vergessen), ließen die Zeit beim Racebriefing auf dem Marktplatz wie im Fluge vergehen.

Am nächsten Morgen quälte ich mich nochmal selbst, in dem ich mir den Start über meine Wunschdistanz dem “König vom Bayerwald” verfolgte. Verdammt wäre ich da gern mit gelaufen…
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Um 11 Uhr ging es für mich und ca. 250 Andere vom Sportplatz in Lohberg auf die 25km über den Großen Osser. Kleines Selfie mit Jörn und Bibi und schon waren wir auf dem Weg in Richtung des ersten Anstiegs.

Eigentlich wollten Bibi und ich ja weitestgehend zusammenlaufen, das Vorhaben scheiterte aber schon nach zwei Kilometern. Die bereits jetzt erreichten 25 Grad und meine immer noch nicht abgeschwollenen Nebenhöhlen, machten mir unmissverständlich mit einem Puls von 180 klar:

Heute machst du das mal ne Nummer ruhiger oder dich fressen die Wölfe im Wald…

Also einen Gang runterschalten und den eigenen Rhythmus finden. So ging es immer voran durch den Bayrischen Wald auf zum ersten VP. Bei Kilometer 5 trafen die Ultraläufer auf unsere Strecke und so dauerte es gefühlt fünf Minuten bis die spätere “Königin vom Bayerwald” mich überholte.

Nach knapp einer Stunde war ich dann beim ersten Verpflegungspunkt. Chrissi und Maj warteten auf mich und Fabi, der auf der 54 Km Strecke auch ordentlich mit der Wärme zu tun hatte. Ich futterte und trank mich gemütlich durch den VP, füllte meine Trinkblase wieder mit Wasser auf und machte mich nach 15-20 Minuten wieder auf den Weg.

Das war der zweite Fehler: Nachdem ich mein Isokonzentrat schon zu Hause vergessen hatte, hab ich auch beim VP “nur” Wasser nachgefüllt. Wo wir gerade bei Fehlern sind, ich lief den UTLW in komplett neuen Schuhen! Den ASICS Fuji Endurance hatte ich erst am Montag per Post bekommen und hatte gehofft ihn mindestens 1-2 mal vorher testen zu können. Der Erkältung sei Dank, es war daran aber auch nicht zu denken.

Jetzt begann der Aufstieg zum Zwercheck und der hatte es schon in sich. Wurzeln, Steine und viele, viele Höhenmeter forderten sofort wieder ihr Tribut. Ich nahm wieder etwas Tempo raus und konzentrierte mich darauf wo ich hin trat. Das war auch gut so! Zwar hatte ich gelesen das die Trails anspruchsvoll sein sollten, aber das sie so anspruchsvoll waren, hätte ich nicht gedacht. Egal ob aufwärts, abwärts oder mal ein Stück geradeaus, wenn man nicht guckte wohin, wars um die Gelenke geschehen! Wie diese Strecke 2015 im Dauerregen bewältigt wurde, mag ich mir gar nicht vorstellen wollen. Zwischendurch kam man immer mal mit den anderen Trailrunnern ins Gespräch oder wechselte nette Worte mit den Einheimischen die sich überall mal an der Strecke sehen ließen, um auch wirklich JEDEN anzufeuern!

Eine Region im Trailfieber!

 

@sportograf
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Vom Zwercheck gings zum ersten richtigen Downhill, welchen ich zwar ganz nett fand, aber im Vergleich zum späteren sog. Holytrail ein “downhillchen” war. Hier konnte man aber wieder ein bisschen Kraft sparen, die der kommende Große Osser auch wirklich forderte!

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fotografiert mich..

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und ich zufällig auch Lena..

 

Geile Strecke, wenn nur die Höhenmeter nicht wären.

Dachte ich mir so einige Male. Zwei Kilometer vorm VP war meine 1,5 Liter Trinkblase wieder leer. Ich hab dermaßen viel Wasser verbraucht, es schwitzte quasi aus allen Poren. Dann kamen auch schon die ersten bekannten Gesichter, die mich mit einem Lächeln und einem netten Plausch überholten. Mein Gott wie ich diese “Bergziegen” doch mag!

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Dann kamen die erlösenden Schilder “500m zum VP” und “Bier beim nächsten VP”. Das war fast schon befreiend und ich kletterte die letzten Meter an der Staatsgrenze zum Nachbarland über den Osser. Ich roch quasi schon meine Rettung und dann erblickte ich endlich das Zelt. Die Helfer waren hier so motiviert und gut gelaunt, das kann man gar nicht in Worte fassen, entweder haben sie selbst schon von dem Bier genascht oder sie haben sich einfach von der Freude der Läufer anstecken lassen. Ich schnappte mir ein Bier und setzte mich auf die Bank neben den Akkordeonspieler.

@sportograf
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Ich hätte hier noch Stunden sitzen können (20 Minuten waren es mindestens;)). Irgendwann fiel mir aber dann doch auf, das ich eigentlich zum Trailrunning hier war und so füllte ich nochmals alle Vorräte auf und machte mich wieder auf den Weg ins Tal.

Geht ja nur noch Bergab, haben sie gesagt….

Es folgte mit einem Grummeln am Himmel und einigen kurzen Schauern, der Abstieg über die neue Tromsö Passage. Hier machte sich dann meine durchgezogene Fehlerkette in Form von Krämpfen so richtig bemerkbar! Dadurch das ich unterwegs entweder gefilmt, gequatscht oder getrödelt hatte, hab ich natürlich nur unregelmäßig meine Salzkapseln genommen und meine mitgeführten Cliffbars hab ich irgendwann auf den letzten Metern durch Zufall in die Finger bekommen. Passte natürlich das dieses Tromsö Dings eine Felsformation war, die Klettern und am Seil hochziehen von einem verlangte. Ja genau, das will man nach all den Kilometern und mit Krämpfen in den Beinen. So hing ich mit steifen Oberschenkeln in den Steinformationen und wer kam da lächelnd angesprungen, wie immer leicht überdreht, Iwi ! Das Traileichhörnchen überhaupt und grinst mich nur an und fragt: Warum sitzt hier so rum, bist doch gleich im Ziel, hab dich nicht so… und weg war sie.

Jaja, hatte ich schon erwähnt wie sehr ich diese Leute mag…

Irgendwann ließen die Krämpfe nach und ich kämpfte mich zum sogenannten Holytrail und durchs Promise Land. Das war aber auch das Einzige was zum Schmunzeln ermutigte. Es war eher ein Holys*ittrail :D. Hatte ich schon erwähnt das man auf seine Schritte achten musste? Hier warf es mich einmal in die Büsche, als ich auf einem nassen Felsen wegrutschte und im Busch lag. Das Schild “nicht auf dem Holytrail fluchen…” hab ich dabei gekonnt ignoriert…

Der Holytrail wollte nicht enden, doch als ich mein Lieblingsschild “1 KM to go” sah, waren alle Kräfte wieder mobilisiert.

Der Zieleinlauf auf dem Marktplatz mit dem jubelnden Publikum und dem Ansager der Laut meinen Namen verkündete war Gänsehaut pur! Ich fühlte mich wie der neue

König vom Bayerwald, auch wenn ich nur der Riese auf dem Osser war..

Mein Entschluss steht aber fest, nächstes Jahr will ich auch König sein!

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Tolle Orga, noch tollere Stimmung und alles in allem ein fast schon perfekter Lauf. Es war mir ein innerliches Blumenpflücken, wir sehen uns wieder!

 

ABER liebe Orga: Auch (oder gerade) die Läufer die länger als 9Std auf der großen Strecke brauchen, haben es verdient namentlich ausgerufen zu werden, leider war die Siegerehrung zeitgleich und anscheinend wichtiger, weshalb das dann nicht mehr gemacht wurde…

Danke auch an die Fahrradstaffel der Berliner Polizei, mit der wir rund um den UTLW und auch während des Events ein tolles Wochenende hatten! (Ich geb mir jetzt auch eine Weile extra viel Mühe nicht negativ mit dem Rad aufzufallen;) )

Last, but not least:
Was lernen wir da draus? Ich ja meistens wenig, aber den einen oder anderen Fehler sollte man trotzdem nicht machen, wie z.B.:

  1. Vielleicht doch erst die Erkältung ganz auskurieren (toi, toi, hab es trotzdem überlebt…)
  2. Wenns im Wettkampf mal nicht läuft, denn muss man sich auch nicht hetzen btw. verkrampft alles geben! Spass sollte IMMER an erster Stelle stehen!
  3. Verpflegungstrategie nicht nur vorher ausklügeln, sondern auch im Wettkampf umsetzen!
  4. Ausrüstung vorher testen! Wobei ich auch hier wieder Glück hatte! Der Asics FujiEndurance lief sich so toll und am Ende war eine kleine Blase am Zeh alles was mir da blieb. Der Schuh ist bisher der Beste und bequemste Trailschuh den ich am Fuss hatte. Danke ASICS für die Unterstützung und bei der Auswahl des Modells!
  5. Wieder ordentlich trainieren, einen Ultra und erst einen Ultratrail läuft sich doch nicht nur auf einer Pobacke ;)
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wenigstens passte die Ausrüstung…

Leider scheint stand jetzt eine erneuter U.TLW in 2017 nicht möglich zu sein, da die Gemeinden / Behörden oder wer auch immer nicht so recht mitspielen wollen!

BITTE LIEBE GEMEINDEN LAM, LOHBERG UND ARRACH , setzt euch nochmal zusammen und überlegt wie geil das doch dieses Jahr wieder war und was das für ein Gewinn für die ganze Region ist! Ich kannte bis zum Mai diesen Jahres nicht mal einen der Orte und nachdem wir so herzlich empfangen und auch unterwegs bejubelt wurden, wollen wir unbedingt wieder kommen! Zum UTLW 2017 und gern auch zum verlängerten Urlaub, wie so manch anderer Trailrunner sicher auch!

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6 Kommentare

Andreas 13. Juli 2016 - 10:20

Ich habe beim Lesen auch ein wenig mitgelitten ;-) Aber die Fehler-Vermeidungs-Liste merke ich mir auf jeden Fall für meinen ersten Ultra bei den 100 Meilen von Berlin!

Reply
Chris 14. Juli 2016 - 09:42

Danke Andreas, leide immernoch wenn ich dran denke:D Das wichtigste ist eigentlich das regelmäßige Training und das regelmäßige verpflegen beim lauf! Das sollte man wirklich üben!
Aber bei dir mach ich mir null sorgen!

Reply
Markus 13. Juli 2016 - 11:20

Wow. Was für ein toller Bericht inkl. der Bilder. Drücke Dir die Daumen, dass du 2017 die Chance hast, dort zu laufen und die Gemeinden sich einigen können. und: Hut ab! (auch wenn man wirklich erst ordentlich auskuriert und trainiert sein sollte…)

Reply
Chris 14. Juli 2016 - 09:54

Danke Markus…hab auch ganz schön gelitten, aber wäre ich nicht gestartet, hätte ich mir dermaßen in den Po gebissen, DAS verpasst zu haben! 2017 müssen wir das irgendwie am Leben halten!

Reply
Steve 13. Juli 2016 - 21:40

Hat mich gefreut dich mal getroffen zu haben.
Wir sehen uns wieder, vielleicht sogar 2017 in Lam…ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

Viele Grüße aus Bad Reichenhall

Steve

Reply
Chris 14. Juli 2016 - 09:55

Geb ich gern zurück du Laufverrückter!
Find dein Einsatz zur UTLW rettung super, wenn wir helfen können sag gern bescheid! 2017 sehen wir uns auf jeden Fall auf einem der tollen Trails!

Reply

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